Gedanken und Tipps vor der Weitwanderung/Trekking (am Beispiel PCT)

Viele Tipps finden sich auch im Bereich "Meine Ausrüstung" und "Meine Vorbereitung" zum Pacific Crest Traill im Jahre 2022. Weiter Tipps gibt es hier: "Elektrischen Ausrüstung".


Tipps für die Vorbereitung von Thruhikern -
vor allem für solche, die noch keine nennenswerte Fernwander-Erfahrung haben

 

Wer vorhat, zum Beispiel einen der drei großen Königsfernwanderwege in den USA zu durchwandern, darf durchaus auf die Erfahrungen der Trail Thruwalker (also diejenigen, die den Trail bereits in einem Rutsch durchmarschiert sind) vertrauen. Denn sie haben monatelang Zeit gehabt, das persönliche Optimum an Komfort, Notwendigem und Lebensnotwendigem heraus zu finden. Das gilt natürlich auch für alle anderen Fernwanderwege, beispielsweise die Europäischen Fernwanderwege - einige wenige davon sind ähnlich weit abseits der Zivilisation!

Hier ein paar Tipps von denen, die schon die eine oder andere Fernwander-Erfahrung gemacht haben:

Tipp 1: Wie bereite ich mich körperlich am besten auf den PCT vor?
Ist die beste Methode, in das Sportstudio zu gehen und seine Muskeln durch Gewichte stemmen zu stärken? Oder an der Rudermaschine Ausdauer zu trainieren?
Jaein, es ist viel simpler und effizienter, denn um seinen Körper auf wochen- und monatelange Wanderungen vorzubereiten ist es am besten….raus zu gehen und zu wandern! Nichts führt deinen Körper besser heran an die Strapazen und Herausforderungen einer so langen Wanderung wie Wandern. Dazu solltest du jede Gelegenheit nutzen. Jede!

Eine Ergänzung zum Wandern in der Natur kann sein, seine Muskeln im Studio aufzubauen und sie durch das Laufband darauf vorzubereiten, ihre wichtigste Aufgabe zuverlässig zu übernehmen. Sie sind Energie- und Wasserspeicher!
Ausserdem wird durch angepasstes Rückentraining der Rücken stabil und kräftig für das dauerhafte Tragen des Rucksacks.

Tipp 2: Wie bereite ich mich mental am besten auf den PCT vor?
Eine sehr kurze Fassung der Erfahrung von erfolgreichen Thruwalkern ist „Lerne mit dem Leiden zu leben“. Denn es wird Rückschläge geben, Fehlentscheidungen werden dich Kraft kosten. Auf dem Trail wird es kalt sein, die Moskitos werden einen auffressen, man wird schmutzig sein und nach Schweiß riechen, Schmerzen haben, womöglich verletzt sein, man wird Durst haben und ständig Hunger. Vor Blasen an den Füssen und Gelenkschmerzen ist fast niemand gefeit und die wochenlage Wanderung wird nicht ohne Sturz abgehen.

Wann immer die Möglichkeit besteht, geh rausgehen und wandere. Besonders dann, wenn es regnet oder Schnee fällt oder es brütend warm ist! Nur so lernt man sich selbst und seine Grenzen kennen. Lernt, dass man zum Beispiel tagelang ständig nass durch Regen wandern kann. Denn es wird mehr als einmal richtig unbequem werden auf dem Trail!

Das Ziel dieses mentalen Trainings ist es, sich selbst unter widrigen Umständen zusammenreißen zu können und durchzuhalten – eben mit „dem Leiden zu leben“ und die glücklichen, schönen Momente noch mehr zu genießen. Es ist ein Training so wie bei den Muskeln – jedoch wird deine mentale Stärke trainiert. Damit die körperlichen und seelischen Belastungen des Trails nicht zum zusätzlichen Stress werden.

Tipp 3: Kenne deine Ausrüstung!
Kenne jeden einzelnen Bestandteil deiner Ausrüstung. Baue das Zelt mehrmals auf, schlaf darin, prüfe die Haltbarkeit, denn du wirst es oft aufbauen auf dem Trail. Benutze den Kocher, übe das Navigieren, teste den Schlafsack und vor allem auch den Rucksack. Lerne die Stärken und Schwächen deiner Ausrüstung kennen und verändere sie so, dass es für dich optimal ist. Nur, wenn du deine Ausrüstung kennst, vermeidest du, Dinge mitzunehmen, die nicht so funktionieren, wie du dir das vorgestellt hattest. Denn auf dem Trail wirst du dich auf deine Ausrüstung verlassen können müssen.
Wichtig auch: Lerne Karten lesen! Wenn du es noch nicht kannst oder es nicht weißt, ob du es kannst: Fernwanderwege sind nicht immer perfekt ausgeschildert und es kann passieren, dass die GPS-Navigation ausfällt (z.B. Batterie leer)!

Tipp 4: Finde heraus, was du wirklich brauchst!
Nach der ersten Woche werfen sehr viele Wanderer etliche Dinge aus ihrem Rucksack raus, von denen sie meinten, dass sie superwichtig sein. Die ersten Wegstationen an den Trails berichten von diesem Ausmisten. Reduziere die Sachen so weit wie möglich, denn du wirst sie monatelang mit dir herumtragen. Es ist erstaunlich, wie wenig man tatsächlich benötigt, wenn man so lange wandert. (Und was man versehentlich mal nicht dabei hat, kann man höchstwahrscheinlich in der nächsten Stadt nachkaufen.)

Das Ziel ist also, schon beim Training für die Fernwanderung herauszufinden, was man später auf dem Trail wirklich benötigt und das nur vermeintlich Wichtige gar nicht erst einzupacken.

Tipp 5: Habe Spaß und erhalte ihn dir! Be Happy!
Erhalte dir die Freude am Wandern und denke nicht zu viel nach über die noch kommenden Kilometer und Wochen. Erinnere dich, warum du auf diesem wunderbaren Trip bist (und schreibe dir es am Besten vor Reiseantritt auf). Sieh die fantastische Natur, die Kameradschaft unter den Thruhikern, die Hilfsbereitschaft der Trail Angels und habe….Spaß!
Bleib positiv gestimmt und gib Gedanken ans Aufgeben oder die quälende Frage, warum du dir das hier überhaupt gibst, keinen Raum. Es bedeutet nur zusätzlichen Stress, der dich schwächt. Genieße die glücklichen Momente, habe Spaß und bewahre ihn - für die Momente, an denen es dir auch einmal zum Heulen zumute sein wird.

Mein persönliches Lauftraining
Meine persönlichen Erfahrungen mit den Vorbereitungen auf solche entbehrungsreichen, aber auch unendlich bereichernden Zeiten habe ich 2012 auf dem berühmtesten spanischen Jakobsweg gesammelt. In den Monaten zuvor habe ich ein intensives Lauftraining absolviert, so dass ich die 1000 Km schließlich in 19 Tagen laufen konnte (52 km/Tag im Schnitt). Dieser Ultradistanzlauf zeigt auf, was mit einer systematischen Vorbereitung möglich ist - damals mit 50 und dieses Mal mit 60.
Hier geht es zu den Erfahrungen mit meinem damaligen Lauftraining: Den Rest laufe ich....

Das Maß und die Intensität der Vorbereitung ist natürlich auch abhängig davon, wie alt man ist und in welcher körperlichen Verfassung.
Zu meiner Ausrüstung für den PCT geht es hier: Leichtigkeit ist Trumph

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Und hier noch ein paar Shortys:

  • Oberste Regel: Niemals an einem schlechten Tag aufgeben! Mindestens eine Nacht drüber schlafen…oder besser: entscheide erst nach zwei Zerodays.
  • Mehr ist nicht besser. Höre auf, wenn du für diesen Tag genug gewandert bist und nicht, wenn du nicht mehr kannst. Du wanderst, um genießen zu können.
  • Verwende keine Ausrüstung nur, weil sie beliebt ist und sei bereit, Dinge im Laufe der Fernwanderung zu ändern. Sei nicht stur in Bezug auf irgendetwas.
  • Sehnen werden nicht so schnell stark wie Muskeln, also mach nicht zu schnell und früh Kilometer, auch wenn du das Gefühl hast, dass du es kannst!
  • Du bekommst deine Wanderlungen in den ersten Wochen – es ist viel schwieriger, deine Beine, Knöchel und Füße gegen die Belastungen zu wappnen, die jeden Tag 32+ km mit sich bringen.
  • Probiere deine Ausrüstung aus, bevor du mit einer Fernwanderung beginnst und mache dich damit vertraut. Das ist wichtiger als sich ausschließlich mit dem Gewicht zu stressen.
  • Trage keine überflüssigen Gegenstände mit dir herum, aber zögere auch nicht, Dinge zu tragen, die dir Freude bereiten und deine Wanderung angenehmer machen.
  • Bereite dich so vor, so dass du nicht deine Ängste mit auf den Trail nimmst.
  • Führe ein Tagebuch. Am Ende des Weges werden sich viele deiner Erfahrungen vermischen. Halte deine Erinnerungen fest, indem du sie niederschreibst.
  • Solltest du Bedenken haben, Fotos von deinen Mitwanderern zu machen oder du denkst, dass du sie später auch noch machen kannst: Tue es jetzt! Es sind wertvolle Erinnerungen
  • Sei nett zu jedem, den du triffst. Beginne Gespräche mit der Art von Menschen, von denen du denkst, dass du normalerweise nie mit ihnen im "zivilen Leben" sprechen würdest – es könnten einige der interessantesten Gespräche sein, die du je geführt hast.
  • Finde Freunde, aber denk daran, dass du da rausgegangen bist, um DEINE Wanderung zu machen, also fühle dich nicht an die Pläne anderer Leute gebunden. Halte nicht fest an Freundschaften, die dich belasten- du wirst neue Freunde auf dem Trail finden.
  • Der Weg wird deine Erwartungen erfüllen und übertreffen, aber er wird dich auch enttäuschen. Pläne ändern sich, der Weg ändert sich, Menschen ändern sich, das Leben außerhalb des Weges schreitet voran - all das beeinflusst deine mentale Stärke. Die Art und Weise, wie du mit Rückschlägen, Enttäuschungen und unerfüllte Erwartungen umzugehen in der Lage bist, wird den Unterschied machen zwischen Weitermachen und dem Verlassen des Weges. Auch das kann man im Vorfeld lernen und trainieren.
  • Genieße die Fernwanderung, so viel du kannst. Und wenn du den Trail, das Wetter, das Pech an einem Tag hasst, hasse es mit all deiner Macht für eine Weile, doch dann liebe es wieder. Es könnte sein, dass du nach dem Trail einen Plan fürs Leben hast.
  • Den ganzen Trail zu durchwandern ist gewiss eine beachtenswerte Leistung. Doch wichtiger als dieses Ziel zu erreichen ist es, im Moment zu bleiben und die Natur, die Trailfamily, die Trailangels und das Privileg, diese Wanderung machen zu können zu schätzen. Die Strecke, die du durchwandern wirst, wird nur durch die Erlebnisse wichtig, die du am Wegesrand erlebst.
  • Umso stärker du in dir ruhst, auf deine Erfahrungen vertrauen kannst, desto mehr kannst du Spaß empfinden - selbst wenn der Körper manchmal aufgeben möchte. Ganz kurz zusammengefasst kann man auch sagen: Der Körper wird tun, was der Geist ihm sagt!

 

 

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